Joliot-Curie-Platz

Umbau Joliot-Curie-Platz

Radfahren in der Zukunft: Der Umbau des Joliot-Curie-Platzes und das Fahrradfahren

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Am 1.11.2017 fand um 18:00 Uhr die weit angekündigte Bürgerinformation zum Umbau des Joliot-Curie-Platzes und der Großen Steinstraße mit großem Aufgebot der Planer, der Stadt und der Medien statt. Prinzipiell also eine positive Sache, da die Stadt hier der Bürgerinformation durchaus Raum und Bedeutung gibt. „Mehr Lebensqualität für Halle“ heißt die Überschrift des eigens für die Information der Bürger herausgegebenen Flyers. Als praktizierende Fahrradfahrer wollten wir in Erfahrung bringen, wie wir künftig von den dort zu verbauenden 12,5 Mio. € profitieren werden und wie wir in der Zwischenzeit vom Gimritzer Damm zur großen Stadtschule (IGS) gelangen können, also einer typischen West-Ost-Querung, die täglich viele Fahrradfahrer unternehmen. Der Flyer wirbt u.a. mit der Sanierung der Radwege und einer Verbesserung der Radverkehrsführung.

Die Erkenntnisse aus der Veranstaltung sind allerdings ernüchternd. Kurz könnte man das Fazit des Abends für uns so zusammenfassen: Fahrradfahren ist am Joliot-Curie-Platz nicht mehr vorgesehen! Die Verbesserung der Radverkehrsführung besteht darin, sie zu verhindern. Es wird zwar auf der zweispurigen Straße (5,50 m breit) einen zusätzlichen Schutzstreifen für Fahrradfahrer von 1,5 m auf der rechten Fahrbahn geben. Das war es dann aber auch schon! Der momentan existierende Schutzstreifen auf einer einspurig befahrenen Straße wird ersatzlos verschwinden, weil ein breiter Gehweg und Parkplätze von der Stadt für wichtiger angesehen wurden.

Noch vorhandener Schutzstreifen mit einspurig befahrener Straße. Zukünftig soll hier nur noch Autoverkehr in Richtung Große Steinstraße verlaufen. Man sieht: schon bei einspuriger Benutztung bleibt nicht zu viel Platz für Auto und Fahrradfahrer.

Ob Autos bei dieser schmalen dann zweispurig befahrenen Westseite dann tatsächlich die Fahrradfahrer überholen können werden, ohne in ihren Schutzraum von 1,50 m hineinzufahren, darf bezweifelt werden. Vielmehr dürften die Fahrradfahrer zum großen Verkehrshindernis in dieser schmalen Gasse werden, wenn sie sich nicht selbst andere Routen durch die Stadt suchen. Allerdings ist dies gar nicht so einfach, da andere Trassen von von West nach Ost kaum benutzbar sind. Dies gilt vor allem aufgrund des massiven Kopfsteinpflasters vieler Straßen in diesem Stadtviertel. Wer seine Zähne liebt, meidet diese Wege. Die Große Steinstraße/Joliot-Curie-Platz war daher bisher der einzig gangbare Weg. Ganz ähnliches gilt für den Verkehr in der Großen Steinstraße wo ebenfalls Parkplätze weit wichtiger waren als ein Fahrradweg. Lediglich ein Schutzstreifen auf einer Seite des Weges wird im Neubau Platz finden.

Um Fahrradfahren so richtig schön unpraktisch zu machen (schließlich will man sie an dieser Stelle ja möglichst nicht mehr haben), wird es künftig für diese Verkehrsteilnehmer keine verkehrsgerechte Möglichkeit mehr geben, vom Marktplatz durch die Große Steinstraße in Richtung Universitätsplatz, Oper oder Steintor-Campus zu gelangen. Fahrradfahrer werden an dieser Stelle gezwungen, in den Fußverkehr überzuwechseln, um dann auf die richtige Fahrbahn zu gelangen und wieder zu Straßenteilnehmern zu werden. Mal vom Fahrrad abzusteigen und zwischendurch immer mal wieder zu schieben, gehört für die Planer zur Selbstverständlichkeit des Fahrradfahrens. Sie zeigten sich überrascht, dass man sich als Fahrradfahrer einen durchgängigen Prozeß des Fahrens vorstellt. Wie wenig ein solches Konzept funktioniert, kann man bereits heute vor der Hauptpost besichtigen. Dort biegen Fahrradfahrer verkehrswidrig immer wieder abenteuerlich vom Steintor kommend in den Hansering ab und bringen so sich und andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr. Jetzt wird verkehrswidriges Verhalten also gleich beim Bauen mit eingeplant. Dass es dafür im Jahr 2017 noch jede Menge Fördergelder gibt, ist aus Sicht des Fahrradfahrens mehr als traurig. Zugleich zeigt es auch, wie sehr in Halle noch Überzeugungsarbeit zu leisten ist. Dies galt auch bei den Planern des Umbaus. Obwohl sich alle sehr bemühten, persönliche Fragen zu beantworten und Belange zu berücksichtigen, waren die Fragen nach Umleitungen und Umleitungsausschilderungen für Fahrradfahrer vor Einfahrt in die Große Steinstraße dann doch schon zu viel. Man könne nicht für jeden eine Lösung schaffen, war bspw. eine Antwort, die ich zu hören bekam. Für Fußgänger und Autofahrer war dies allerdings selbstverständlich. Ich kann nur hoffen, dass unsere intensiven und freundlichen Diskussionen vielleicht doch etwas bewirkt haben. Auf jeden Fall war das wachsende Verständis im Verlauf des Gesprächs durchaus spürbar.

/Tretkurbelist

Anmerkung der Redaktion: Wieder wird offensichtlich, dass Radverkehr von vielen Planern immer noch gar nicht als Verkehrsfluss gesehen wird, sondern als eine Art schnellere Fußgänger mit Zusatzanforderungen. Einsicht könnte man am härtesten durch einen kompletten Drive-To-Work-Day erzwingen, ein Montag, an dem jeder alle seine Wege mit irgendeinem Auto erledigt. Halle erstickt nicht an den Radfahrern!